Es war definitiv das Sportereignis der letzten Wochen, das mich am meisten berührte. Obwohl ich gar nicht geplant hatte, dort als Zuschauer dabei zu sein, wurde ich Zeuge eines großartigen sportlichen Wettkampfs. Die Szenen, die Emotionen, meine eigenen und die der Sportler, der Jubel der Sieger, die Reaktion der Verlierer, die Geräuschkulisse, Details aus dem Wettkampf, alles blieb in meinem Kopf noch tagelang lebendig. Es war ein Spektakel. Es war der Abschluss der Bundesjugendspiele einer kleinen Stadtteil-Grundschule einer mittelgroßen Stadt. Die Klassen 4a bis 4c traten gegeneinander in einer 400m-Pendelstaffel an – und ich durfte dabei sein. Die Schulleiterin verstand es, eine sehr schöne Stimmung herzustellen und den Lauf, eine Tradition an dieser Schule, anzukündigen. Die Schüler aller anderen Klassen und die nicht-laufenden Viertklässler wurden zum herzzerreißend frenetischen Publikum. Welch ein erhebender Moment. Und das obwohl noch nicht mal einer meiner Söhne in der Staffel mitlief.

Ja, ich meine das ganz ernst. Das Besondere war, dass ich sehr nah an der Strecke stand und aus nächster Nähe in die Gesichter der Kinder sehen konnte. Was ich sah und was mich nachhaltig beeindruckte, waren die Entschlossenheit, Leidenschaft, Verbissenheit und der unbedingte Wille, die sich in den Gesichtern der 10-jährigen Kinder spiegelte. Sie gaben alles, aber auch wirklich alles. Als dann noch während des Laufes der Ausgang schon abzusehen war, war bei den abgeschlagenen Kindern der 4c auch etwas Wut und die ersten Tränen zu erkennen. Aber sie rannten weiter, ungestüm, wild und als wäre da vielleicht doch noch etwas zu holen. Einerseits machte mich das stolz, als leidenschaftlicher Mensch und emotionaler Sportler zu sehen, was der Sport kann. Andererseits machte es mich nachdenklich. Ob Jesus auch etwas davon im Sinn hatte, als er Kinder als Vorbilder hinstellte?

„Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Reich der Himmel hineinkommen. Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Reich der Himmel der Größte.“ Matthäus 18,3-4

Jesus definiert dieses „Werden wie die Kinder“ nicht näher, lässt wohl bewusst Raum zur Interpretation. Könnte es sein, dass Jesus die Kinder auch deshalb als Vorbilder und wohlgemerkt (!) als Wegweiser (!) zum Reich Gottes hinstellt, weil sie ungestüm, wild, leidenschaftlich sein können? Weil sie die Intensität ihres Einsatzes nicht rational runterregeln und dosieren, nur, weil es sich (um am Beispiel zu bleiben) vielleicht um einen neutral gesehen völlig unbedeutenden Wettkampf auf dem Sportplatz eines Stadtteils handelt? Weil sie auch im Angesicht der Niederlage noch alles geben können, weil sie einfach stolz sind, für ihre Staffel laufen zu dürfen? Und weil sie – um das Bild weiter zu denken – nach dem Sieg ausgelassen feiern bzw. nach der Niederlage zwar todtraurig sein können, einige Augenblicke später aber schon wieder darüber diskutieren, wer wohl nächstes Jahr antreten wird?

Dass wir das Kommen des Reiches Gottes ohne Wildheit, Leidenschaft und Emotion denken, halte ich für ebenso wenig plausibel oder anstrebenswert wie absolute Emotionslosigkeit oder, etwas eleganter ausgedrückt, vollkommene Professionalität im Sport. Ich wünschte, es gäbe viel mehr solcher Reich-Gottes-Begeisterten, die auch im scheinbar unbedeutendsten geistlichen Lauf bis zum letzten alles geben, weil sie stolz und dankbar sind, dass sie für diesen Lauf überhaupt antreten dürfen. Solche, die Niederlagen kassieren und ein paar Tränen später schon wieder darüber nachdenken, wie sie es nächstes Mal besser machen können. Und die bereit sind, sich dann anzuhören, dass sie doch bitte ein bisschen professioneller und nicht ganz so kindisch sein sollen. – Dein Reich komme. Dein Wille geschehe.

Falk Winter

SRSakademie

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