Die Sonnenstrahlen treiben mir Schweißperlen ins Gesicht. Langsam kullern sie über die Stirn. Ich schaue erschöpft aufs Thermometer: 25 Grad im Schatten. Es weht ein laues Lüftchen. Ein Zug rattert an dem Stadion am Taurastein in Burgstädt vorbei. Es quietscht, dröhnt und rumpelt.

Dann wird es wieder still und plötzlich höre ich nur noch den dröhnenden Motor meines Rasenmähers. Mit ihm drehe ich entspannt meine Runden über den Sportplatz. Rund 6.000 Quadratmeter Rasenfläche muss ich als Platzwart pflegen. In England, dem Mutterland des Fußballs, würde man zu mir nicht Platzwart, sondern „Groundsman“ sagen.

Und auch in der Fußball-Bundesliga bezeichnet man einen Platzwart mittlerweile als Greenkeeper, weil dieser nicht nur den Rasen kürzen, sondern ihn mit allen Mitteln über eine Saison erhalten muss. Da werden im Winter die Wärmestrahler aufgestellt und die Rasenheizung angeschmissen, damit dem saftigen Grün optimale Bedin­gungen vorgegaukelt werden. Der Job ist längst eine Wissenschaft für sich geworden.

In Burgstädt ist zum Glück noch vieles einfacher. Ich muss den Rasen nur mähen und wische mir, während ich auf dem Rasenmäher sitze, eine Schweißperle von der Stirn. Ich schaue in den blauen Himmel und genieße die Ruhe. Keiner will etwas von mir, keiner kontrolliert mich, mein Handy schweigt. Ich bin ganz für mich allein. „Welch ein wunderschöner Tag“, denke ich mir.

Meine Gedanken fliegen dahin. Wann spielen wir wieder Fußball? Dieses Jahr noch? Oder dürfen wir erst 2021 wieder dem Ball nachjagen? Meine Gedanken hängen fest. Mich quält die Frage: „Warum mache ich das hier überhaupt?“ Die Arbeit ist doch umsonst, denn in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten wird hier kein Mensch Fußball spielen. Es wird weder trainiert, noch gibt es Test- oder Punktspiele. Meine Arbeit braucht doch keiner. Ich pflege den Rasen, aber für wen eigentlich? Hier passiert doch nichts. Okay, einmal in der Stunde fährt ein Zug vorbei. Aber sonst, wenn hier nicht mehr gespielt werden darf, sieht kein Mensch meine Arbeit.

Ich lege eine Pause ein und nehme mir meine Bibel zur Hand. Ich blättere ein wenig darin und stoße auf einen Vers aus dem Alten Testament:

„Alles was deine Hand zu tun findet, das tue mit deiner Kraft.“

So heißt es in Prediger 9, Vers 10. „Diese Worte des König Salomo passen irgendwie ganz gut zu meiner Situation als Platzwart“, denke ich. König Salomo hat einst über vieles nachgedacht. Der König aus Israel war bekannt für seine Weisheit. Und so lassen sich auch in einem kurzen Vers wie diesem viele weise Gedanken finden.

Für mich bedeutet der zehnte Vers aus Prediger 9 folgendes: Alles, was du in deinem direkten Umfeld zu tun hast, dafür setze dich ein, mit allen deinen Möglichkeiten. Du darfst mit deiner Arbeit etwas zeigen. Zum Beispiel deine positive Einstellung zum Leben, ein Ja zu dir und dem, was du tun kannst und darfst. Mit deiner Arbeit kannst du deinem Schöpfer danken, denn er hat dich reich beschenkt.

Meine Pause ist vorbei. Ich setzte mich wieder auf den Rasenmäher und drehe als Platzwart meine Runden. An der Gesamtsituation hat sich erst einmal nicht viel geändert. Noch immer wird nach meiner Arbeit so schnell keiner auf dem Platz trainieren oder spielen. Wieder fliegen meine Gedanken dahin, während ich Runde um Runde drehe. Doch mich quält diese Frage nach dem Sinn meiner Arbeit nicht mehr. Meine Laune bessert sich. Mir huscht ein Lächeln übers Gesicht. Ich steuere den Rasenmäher mit mehr Fröhlichkeit und Dankbarkeit über das Stadion am Taurastein – und verrichte meine Arbeit voller Dankbarkeit, denn damit kann ich zeigen, wer mein Herr ist.

Michael Zimmermann

SRS Bereich Gemeinde

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