„Der Reitsport ist heute kein Herrensport mehr“, „Reiten als Breitensport“, … ja, diese Formulierungen sind heute allgemein bekannt. Und das ist gut und richtig. Aber ist es auch in den Köpfen von einem großen Teil von Reitern angekommen? Selbst von einer Christin hörte ich vor einiger Zeit den Satz: „Na ja, wer Pferde hat, der hat auch Geld!“. Und die, die es trotzdem nicht haben? Gerade wir sollten uns der Realität stellen, dass es Reiter gibt, die sich in finanziell guten Zeiten ein Pferd zugelegt haben – und irgendwann hatten die „guten Jahre“ einfach ein Ende. Die meisten trennen sich nicht einfach von ihrem Liebling, sondern versuchen ALLES, um das Pferd weiterhin halten zu können. Alle Zusatzkosten, und seien sie noch so klein, werden schnell zu einem Fiasko! Diese Situation ist schon schlimm genug. Wie hart können dann unbedacht ausgesprochene Worte treffen? Leo Bigger, ICF Zürich, sagte vor einiger Zeit noch „Wir Christen sind die einzige Bibel, die viele Leute in unserem Umfeld lesen!“ Gegenseitige Achtung und Verständnis aber können viel bewirken, zeigen, dass wir Christen anders sind und so vielleicht Interesse wecken für das, was uns leitet. Ich möchte gerne einige Beispiele anführen, für das, was ich in diesem Zusammen-hang in der letzten Zeit so erlebt habe.

Morgens noch hatte ich mich mit einer jungen Frau unterhalten. Sie, sehr leicht- und gutgläubig, hatte ein Kleinpferd geschenkt bekommen, das an einer ihr verschwiegenen periodischen Augenentzündung litt und von der Tochter des Besitzers nicht mehr weiter als erfolgreiches Turnierpferd genutzt werden konnte. Es musste weg. Schnell. Für die junge Frau aber war ein Traum in Erfüllung gegangen. Ein eigenes Pferd. Dass dieses Pferd sonst wohl als unbrauch-bar und nicht zu verkaufen den Weg zum Schlachter gegangen wäre, das wusste sie nicht. Sie brauchte kein Turnierpferd, sie brauchte ein Pferd, das sie innig lieben konnte und auf dessen Rücken ihre kleine Tochter reiten lernen konnte. Die Tierarztrechnungen lagen ihr jetzt jedoch im Magen. Sie musste hin und her rechnen. Und sie überlegte, was sie zukünftig machen könnte.

Abends, beim Aussortieren alter Pferdezeitschriften, las ich dann in einem „Tagebuch einer Tierärztin“, in dem sie sich über eine Pferdebesitzerin mokierte, den Satz: „Ob das Hobby wirklich noch Spaß macht, wenn man nicht mal mehr eine einfache Tierarztrechnung sofort begleichen kann?“ Es traf mich wie eine Faust in den Magen. Welche Arroganz! Die junge Frau, die ich morgens gesprochen hatte, wollte keinen „Spaß“. Das Pferd und die Momente mit ihm waren eine echte Freude in ihrem nicht recht schwierigen Leben. Und das Wort „Hobby“ konnte man bei ihr getrost streichen. Bei ihr war es Liebe. Und sie ist kein Einzelfall. Es gibt viele junge und nicht mehr junge Frauen wie sie.

Morgens brachte ein Asylant, den mein Mann betreut, uns ein Schreiben vom Ausländeramt vorbei. Ihm wurde, weil er angeblich nicht seine ohnehin undenkbare Rückkehr in sein Heimatland vorangetrieben hat, die Sozialhilfe gekürzt. Er soll ab sofort monatlich nur noch 139,30 € für Nahrung und 33,70 € für Körper- und Gesundheitspflege bekommen. Wir waren fassungslos!

Nachmittags saßen wir am Stall bei einer Tasse Kaffee zusammen. Ein Reitlehrer (Gast) erzählte dann, dass es immer weniger Richter für die Turniere geben würde. Aber das sei auch kein Wunder, denn der Job würde ja furchtbar schlecht bezahlt. Nicht mal 300 Euro für ein ganzes Wochenende, das man da rumsitzen müsste. Das könnte keiner von einem verlangen. Wieder drehte sich mir der Magen um! Welche Arroganz!

Zugegeben, die Betreffenden haben es in meinen Beispielen nicht persönlich mitbekommen, aber was man denkt, wird man irgendwann auch sagen. Ja, es wird immer arm und reich geben. Nein, wir können nicht jedem helfen. Nein, dies ist kein Spendenaufruf. Und ich möchte auch niemandem etwas unterstellen! Aber es ist ein Aufruf zu mehr Demut, Dankbarkeit und Feinfühligkeit. Auch noch so wahre Worte können, unbedacht dahergesagt, ungeahntes Leid hervorrufen. Und wir Christen im Pferdesport? Auch wir müssen uns vielleicht ab und an daran erinnern. Denn wenn wir Gottes Liebe im Pferdesport weitergeben wollen, gehören unweigerlich Demut und Dankbarkeit dazu. Ganz zu schweigen von der Feinfühligkeit, mit der wir Situationen erkennen und handeln sollten.

~Cornelia Bagheri

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