Ganz großes Kino zum Jubiläum in Eisenach

Ebenso wie die altehrwürdige Wartburg, die hoch über der Stadt Eisenach thront, so hat auch die Rallye Wartburg schon manche Höhen und Tiefen erlebt. Ehemals eine der TOP Rallyes zu DDR-Zeiten, an der regelmäßig auch die Nationalmannschaften der „Bruderstaaten“ an den Start gingen, folgten nach der Wende über Jahre hinweg sehenswerte Rallyes bis hin zu Großveranstaltungen im Rahmen der deutschen Meisterschaft, der DRM. Nach zuletzt einer R70 im Jahr 2021 und 2 Jahren des Pausierens wurde „die Wartburg“ von einigen bereits totgesagt, und tatsächlich führten solche Unterbrechungen in der Vergangenheit nicht selten zum Untergang von manchen, auch legendären Rallyes. Daher war die Freude groß, als der MC Eisenach um den Vorsitzenden Klaus Göpfert sowie Vize Stephan Golm für 2024 eine Rallye zum 60ten Jubiläum ankündigten. Ausgeschrieben wurde die Veranstaltung als Rallye 35, neben den Rallyesprints die kürzeste Variante im Rallyesport, sowie Demonstrationsfahrten für historische Fahrzeuge, die jedoch außerhalb der Wertung starten. Maximal geplant wurden 100 Autos, – ein sehr überschaubarer Rahmen also. Mancher wird still gedacht haben: mehr Schrumpfen geht wohl nicht….!

Doch dann ging es Schlag auf Schlag: Die Nennliste füllte sich rasant, jedoch völlig anders als zunächst erwartet: ein Pulk aus Trabbis, Wartburgs, Ladas und Skodas wurde gemeldet und eher unfreiwillig avancierte die 60. Rallye Wartburg zu einem unglaublichen Festival in Sachen DDR Rallyesport. Einen separaten Bericht hierzu findet ihr ebenfalls hier bei SRSmotorsport unter dem Link: Rallye Wartburg 2024 – bewegende und bewegte Geschichte – SRS Online

Zeitweilig musste seitens des MC eingeschritten werden, da das „normale“ Feld zur Rallye 35 nur zögerlich Nennungen abgab.

Kurzerhand wurde die maximale Starterzahl auf 140 erhöht, von denen etwa 50 Wagen auf Bestzeit fuhren. Weitere 36 Teams fuhren in der Sollzeit Wertung, der Rest entfiel auf die Historischen Schätze, die „Legends“.

Am Samstag standen zunächst die üblichen Abnahmen von Papieren und Technik auf dem Programm, und das alles auf historischem Boden. Technische Abnahme, Start und Ziel fanden im Torbogen des ehemaligen Automobilwerks statt. Nur wenige Meter weiter, im heutigen Automobilbaumuseum, waren die Papierabnahme und auch die Abendveranstaltung untergebracht. Zum Interview geladen waren ehemalige DDR-Größen aus dem Rallyesport, ferner aktive Fahrer, Verantwortliche der Organisation und Personen mit Bezug zur Wartburg Rallye, um aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Nachdem es am Samstag rund um Eisenach einige Zentimetern Neuschnee gab, war es, wie so oft, die Wahl des Reifenmaterials, das diskutiert wurde. Welche Überraschungen würde die Nacht auf Sonntag mit sich bringen? Der Schnee blieb aus, auch wenn das Thermometer über den ganzen Sonntag hinweg bloß Werte mit maximal 6° plus zeigte. Bei starkem Wind und Schauerwetter blieb die Frage offen: wo ist die viel beschriebene Klimaerwärmung, wenn man sie mal braucht??

Sonntagfrüh um kurz nach 8.00Uhr startete dann die erste Schleife auf der bekannten Gollert Prüfung. Nach einem technischen Defekt und Öl auf der Strecke musste diese abgebrochen werden, was den Ablauf und den Zeitplan mächtig durcheinander brachte. Die WP 2, eine alte Bekannte von vergangenen Rallyes, sowie ein Rundkurs zwischen den Orten Möhra und Waldfisch rundeten den ersten Durchgang ab. Besonders der Rundkurs wurde von vielen Zuschauern besucht und in weiten Teilen herrschte ausgelassene Volksfeststimmung. Nachdem Ruben Zeltner im Zebra-Porsche und Philip Geipel auf seinem aktuellen Sportgerät vorab für Stimmung gesorgt hatten, starteten mit der Nummer 1 auf der Tür Georg Berlandy und Tina Annemüller im bärenstarken BMW M3.

Direkt danach knallte und zischte der Mitsubishi Lancer Evo mit Rudi Reindl und Michael Ehrle um die Ecke. Auch das weiter Feld war mit vielen schnellen Happen garniert. So tauchten neben diversen Subaru, BMW und Mitsubishi einige Rally4 Wagen und ein eher seltener VW Polo S2000, gefahren von Stefan Kohl, auf.

Der schnelle und scheinbar unerschrockene Björn Satorius legte im Opel Corsa Rally 4 vor und markierte die erste Bestzeit des Tages. Ab WP2 buchte dann das Duo Reindl / Ehrle die nächsten 4 WP´s auf ihr Konto, was am Ende des Tages den Gesamtsieg bedeutete. Platz 2 belegten Satorius / Nemenich vor Daimien Sawicki und Jaqueline Kaiser im Subaru, zeitgleich mit Berlandy / Annemüller. Der bekannt schnelle Axel Nörenberg im tagesleuchtfarbenen BMW M3 verzeichnete auf der letzten WP einen heftigen Überschlag, worauf medizinische Betreuung und Bergung schließlich zum Abbruch der Prüfung führten.

Zum Abschluß gilt es, dem MC Eisenach samt allen Helfern und Unterstützern, die diese Veranstaltung möglich gemacht haben, ein dickes Lob aussprechen. Eine Rallye mit grandiosem Spagat zwischen aktueller Technik und Erinnerungen an eine großartige Historie ist meines Erachtens gelungen.

Es bleibt die Hoffnung, dass wir uns schon in Kürze zur 61. Rallye unterhalb der Wartburg wieder sehen!

Jens Bechtel

Fotograf und ehrenamtlicher Mitarbeiter SRSmotorsport

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