…oder doch gerade richtig…

Es ist ein wunderbar warmer sonniger Spätnachmittag. Das Wetter ist so wunderschön, dass ich  mit dem Fahrrad zum Stall fahre, nur leichter Wind, einfach idyllisch. Ich radle entspannt durch die Lahnwiesen und hole meine junge Stute von der Koppel. Wir gehen durch den Paddockbereich im Offenstall an der großen Heuraufe vorbei, alles völlig normal in unserem Alltag.

Ich binde Mona etwa 7 – 8 m weiter am Putzplatz an und fange an, sie für unsere heutige Arbeitseinheit vorzubereiten. Plötzlich spüre ich Unruhe in der Luft und höre ein Rauschen, das ich nicht zuordnen kann. Ich habe auch nicht die Zeit, zu überlegen, was das sein könnte, denn Mona schwenkt hektisch mit der Hinterhand zu mir hinüber, so dass ich sie nur mit Mühe auf ausreichend Abstand halten kann. Sie bemüht sich, auf mich zu achten, bricht aber dann vollends in Panik aus und reißt sich los. Der Sicherheitsring aus Kunststoff, an dem sie fest ist, bricht an der Soll-Bruchstelle und verhindert Schlimmeres.

Für Mona gibt es kein Halten mehr, sie stürmt an mir vorbei, in die Stallgasse, durch den Stall hindurch, am anderen Ende in den Hof – ich laufe hinterher. Im Hof bleibt sie schnaubend und völlig ratlos stehen, der Strick mit dem Knoten am Ende baumelt herunter. Wegen des dicken Knotens immerhin weit genug vom Boden entfernt, so dass Mona bei dem hoch aufgerichteten Hals nicht darauf treten kann. Sie lässt sich problemlos einfangen, aber den Weg zurück durch den Stall zum Putzplatz, nein, das findet sie überhaupt keine gute Idee. Die anderen Pferde im Laufstall laufen hektisch hin und her, äppeln gestresst, schnauben, werfen die Köpfe…. Ich verstehe das Problem nicht! Doch dann folge ich der Blickrichtung der Pferde und entdecke endlich den Auslöser für das Chaos: Die große Heuraufe auf dem Paddock, etwa 10 m vom Anbindeplatz entfernt, ist aus der Verankerung gerissen und umgekippt.

Ich sehe mir den Schaden näher an und staune, welche Kräfte so dicht neben mir gewirkt haben, völlig unvorhersehbar und ohne größere Verletzungen bei Pferd und Mensch. Die Raufe war mit einem Rundballen noch gut befüllt, sie hatte zwei stabile Verankerungen im Boden und ein nicht unerhebliches Eigengewicht. Eine Windböe muss sie so gezielt erwischt haben, dass das Dach wie Tragflächen wirkte. Wären die Pferde direkt an der Raufe gewesen – die Kante des Blechdaches hätte wie ein Fallbeil gewirkt. Ich mag mir nicht ausmalen, was wäre, wenn ein Pferd getroffen worden wäre … So sind wir alle mit dem Schrecken und einem überschaubaren Materialschaden davon gekommen. Sicherheitshalber kann ich die umgestürzte Raufe noch absperren, damit kein mutig gewordenes Pferd sich an den scharfen Kanten des Blechdaches verletzen kann.

Ich werde nachdenklich bei dem Gedankenspiel, was wäre, wenn…?

Wäre ich 20 Min. früher am Stall gewesen, hätte ich fertig geputzt und wäre auf dem Reitplatz gewesen, dann wären Mona der Riesenschreck und die kleineren Schrammen erspart geblieben. Oder – wäre ich nicht am Stall gewesen, hätte den Schaden erst einmal niemand mitbekommen. Niemand hätte Schutzmaßnahmen ergreifen können, wenn die Pferde die umgestürzte Raufe untersuchen würden. Wir hätten auch keine Erklärung dafür und hätten uns Sorgen gemacht, ob die Raufe durch Fremdeinwirkung umgeworfen worden sein könnte. Nun aber wussten wir, es gab keinen Schuldigen, und es konnten telefonisch mehrere starke Männer noch für den gleichen Abend um Hilfe gebeten werden, die Raufe wieder aufzustellen.

Ein winziger Moment bei ruhigem Sommerwetter mit solcher Wind-Energie, das lässt mich staunen über Gott, der Herr über Himmel und Erde, Wolken, Wind und Regen ist. Wir unterschätzen die Naturgewalten, wenn wir sie nicht direkt zu spüren bekommen. In der Bibel wird bei der Sturmstillung auf dem See das Staunen der Jünger über die Macht Jesu deutlich mit den Worten: „Selbst Wind und Wolken gehorchen ihm!“ (Markus 4,41). Dieses kurze Ereignis zeigt mir wieder ganz deutlich, dass ich die Wettervorhersage berücksichtigen, überlegen, besprechen und planen kann wie ich es für sinnvoll halte – letztendlich ist es aber Jesus, der sämtliche Geschehen in der Hand hat und alles, was ich meine, voraussehen zu können, durchkreuzen kann. Aber bei den allermeisten Dingen erlebe ich Gottes Maßarbeit und reichen Segen! Oft merke ich erst später, wie treu Gott Seine Hand über mich gehalten und mich vor größerem Schaden bewahrt hat. Ich war dann doch zur richtigen Zeit am richtigen Ort …

Yvonne Seegers

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