GETRIEBEN ODER GETRAGEN?
Mit Überzeugung stehen mein Mann und ich vor dem falbfarbenen siebenjährigen Wallach und sind
uns sogleich einig, dass dies das richtige Pferd für unsere CurlyRanch, den Pferdehof ist, den wir seit
bald acht Jahren in der Nähe der Schweizer Grenze führen.
Vor einem halben Jahr mussten wir uns schmerzlich von einer unserer lieben Stuten trennen, weil sie
im Offenstall so unglücklich ausrutschte und sich dabei eine Oberschenkelfraktur zuzog.
Durch ein Pferdeinserat sind wir auf Prio, einen Traumspanierwallach gestossen, den sich vor zwei
Jahren eine jetzt in Scheidung lebende und dadurch wieder berufstätige Vorbesitzerin erworben
hatte.
Wie immer vor solchen Entscheidungen haben mein Mann und ich auch diesmal Gott um Führung in
Bezug auf die richtige Pferdewahl gebetet. Bei diesem Kauf waren wir uns jedoch gleich so sicher,
dass wir all unsere inneren Überzeugungen betreffs Ankaufsuntersuch, der Einsicht in die
Abstammungspapiere und den Pferdepass in den Wind schlugen. Sogar eine kleine Verletzung am
Hinterbein des Wallachs war in unseren Augen kaum beachtenswert. Überzeugt von diesem
liebenswerten Equiden schlugen wir auf das Angebot ein, das Pferd am übernächsten Tag auch gleich
selbst abzuholen.
Die junge Frau, die nebenbei auch noch Mutter eines Kleinkindes ist, fiel uns vor Erleichterung über
diese Zusage gleich in die Arme und der ganze Ablauf der Pferdeübernahme schien für uns damals
problemlos zu verlaufen.
Am nächsten Tag überfielen mich plötzlich unglaubliche Zweifel und ich fragte mich wie dumm wir
doch nur sein konnten ohne jegliche Abklärung, die wir sonst jedem der vor einem Pferdekauf steht
anraten, diese jedoch selber völlig missachteten. Ich meldete mich kurzentschlossen bei der
Vorbesitzerin mit dem Anliegen den Pferdekauf rückgängig zu machen. Diese jedoch versuchte mich
zu beruhigen, indem sie mir Fotos von den Papieren und dem Pferdepass zuschickte. Verzweifelt
über unsere Dummheit durchforschte ich Prios Papiere und stiess auf die unglaublichen Worte die
mich wie ein Lichtstrahl trafen. Name des spanischen Züchters: JESUS ….! Sogleich durchfuhr mich
wieder eine unbeschreibliche Ruhe. Es war also doch richtig diese Entscheidung getroffen zu haben.
Tags darauf holten wir den Wallach ab. Beim Einsteigen in den Hänger drückte mich der nun unruhig
werdende Wallach an die Hänger Wand, drehte sich wiehernd und sprang wieder aus dem Hänger.
Beim zweiten Versuch, der wieder mit grosser Widerwilligkeit des Pferdes quittiert wurde, rief uns
die Vorbesitzerin noch hinterher, wir sollten schnell losfahren, damit das Pferd nicht durchdrehe!
Wie von wilden Tieren getrieben polterte und scharrte das nun völlig unruhige Pferd in unserem
Hänger hin und her. Besorgt blickte ich während der Fahrt immer wieder in den Rückspiegel, um
nicht zu verpassen was da hinten abgeht. Plötzlich überholte uns hupend ein Autofahrer und zeigte
mit dem Finger aufgeregt Richtung Pferdehänger. Tatsächlich schoss das Pferd bereits mit dem Kopf
oben zum Hänger raus und es entstand ein kleines Chaos auf der Hauptstrasse. Mit einer Gerte
bewaffnet hielt ich das nun völlig durchgedrehte Pferd vor dem Steigen und Rausspringen zurück, bis
nach einer halben Stunde endlich der Nottierarzt mit einer Sedation das Pferd beruhigen und wir den
Heimweg antreten konnten.
Als ich am übernächsten Tag den Stall betrat traute ich meinen Augen nicht. Mit hohem Fieber und
nicht mehr auf das verletzte Hinterbein auftretend stand Prio völlig apathisch in seiner Box.

Schon wieder musste der Tierarzt gerufen werde. Dieser teilte uns mit, dass wir den fiebrigen
Wallach schnellstmöglich in eine Klinik fahren müssten, um zu verhindern, dass Krankheitskeime in
die Kniekapsel hineinwandern, was unweigerlich zur Euthanasie des Tieres führen würde. Was
wollten wir anderes tun als den bereits zur Reparatur gebrachten Hänger aus der Werkstatt zu holen,
das inzwischen betäubte Pferd mit vier Mann in den Hänger zu schieben und dem Wallach mit
Tüchern die Augen zu verbinden, damit er nicht durch das aufgeschlitzte Hänger Dach zu viele
Umweltreize wahrnehmen und dadurch in Unruhe geraten könnte?
So machten wir uns schnellstens, einige verzweifelte Hilferufe zum Himmel schickend auf den Weg in
die Klinik. So war es jedenfalls geplant…!
In der Klinik angekommen wurde uns nicht viel Hoffnung gemacht, dass Prio dieses Trauma
überstehen würde und wir mussten das Pferd, das wir vor zwei Tagen gekauft hatten,
schlimmstenfalls auch schon wieder gehen lassen. Zwei lange Wochen lang wussten wir nicht, ob Prio
nochmals zu uns zurückkehren würde. Die Infektion am Kniegelenk war schlimm und das Antibiotika
wollte einfach nicht anschlagen. Nach langer und ungewisser Zeit ging es endlich aufwärts. Starke
Medikamente hielten ihn auf dem Rückweg aus der Klinik ruhig. Was für ein verändertes Pferd
begegnete uns da plötzlich? Laut Klinikbericht rempelte der Wallach die Pfleger mehrmals an die
Wand, kickte gegen sie und sprang auch immer wieder an die Wände hoch, wenn ihm etwas nicht
passte. Es schien mir unmöglich täglich seine Wunde am Bein mit kaltem Wasser auszuspritzen damit
der sich ständig neu bildende Eiter abfliessen konnte. Mit Gerte und Wasserschlauch bewaffnet
musste ich nun Tag für Tag, das vor Angst und Respekt zitternde Pferd behandeln, bis er nach zwei
bis drei Wochen endlich gelernt hatte still zu stehen und ruhig über sich ergehen zu lassen was da
einfach sein musste.
Niemals hätte ich gedacht, dass dieses von Unmut getriebene Pferd innerhalb so kurzer Zeit sich total
verändern würde. Prio entwickelte sich nach und nach zu einem wunderbaren und in sich ruhenden
Pferd, das schon wenige Wochen später ahnungslose Pferdemädchen behutsam auf seinem Rücken
tragen trug. Für mich ein gewaltiges Erlebnis und zugleich auch Wunder wie Gott zu seinen
Führungen steht und unser Vertrauen oftmals mit unglaublichen Erfahrungen belohnt.
Als der Frühling anbrach hatte Prio bereits seinen festen Platz in der bestehenden Pferdeherde
gefunden und wurde zum Liebling vieler Mädels. Auf seiner Hinterbacke erschien mit dem
sommerlichen Fellwechsel das Brandzeichen seines Züchters: Ein Kreuz…! Ich kann es nicht
unterlassen, jedem der neugierig nach dem Zeichen an Prios Hintern fragt, diese aussergewöhnliche
Geschichte zu erzählen.
Dies veranlasste mich, während der letzten Reitcamps dazu, den Mädels zu erklären, wie wichtig
auch bei uns Menschen so ein Brandmal Gottes durch den heiligen Geist in unserem Herzen, bei
einer Lebensübergabe an Jesus Christus sei. Tief im Herzen verankert mit der festen Tatsache, ein
Kind Gottes zu sein, so wie bei Prio das Brandmal seines Züchters «Jesus» eingebrannt ist.
Das genannte Erlebnis berührte während meiner Erzählung zwei Mädels unglaublich tief. Sie brachen
in Freuden und Glücksgefühle aus und erklärten mir völlig ergriffen, dass sie nach jahrelangem
Suchen jetzt endlich das Evangelium verstanden haben. Genau das wollten sie jetzt im Gebet
festmachen. Was für ein Geschenk Gottes, dachte ich!
Wir freuen uns über dieses grosse Vorrecht durch spannende Begebenheiten mit unseren Pferden
immer tiefer in die Beziehung mit Gott eintauchen zu dürfen.
Doris Egli

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