Hallo! Ich bin Sunny und wollte mal bei euch reinschauen!

Ich muss nämlich mal mit jemandem reden! Bei mir hat sich so viel getan und ich habe so viel Neues kennengelernt, dass ich es erst mal schön auf die Reihe kriegen muss.

Also, der junge Mann, den ich schon länger kenne und von dem immer alle gesagt haben, er wäre meine Reitbeteiligung, hat mich Anfang März vor dem Schlachter gerettet. Zu dem wollte mein Frauchen mich geben, weil ich schon über 20 Jahre alt und auch nicht mehr ganz gesund bin. Das, was mir so weh tut, hat der Tierarzt Arthrose genannt. Warum man mich vor dem Schlachter retten musste, das weiß ich nicht. Ich kenne keinen Schlachter, aber das scheint kein netter Mensch zu sein.

Nette Menschen habe ich eigentlich kaum kennengelernt. Meistens waren Menschen böse und gemein zu mir. Und der junge Mann? Abgestellt hat er mich bei Leuten, die ich nicht kannte, in einer Umgebung, die ich nicht kannte, und bei anderen Pferden, die alle ein Frauchen hatten, die es geliebt haben. Mich haben sie alle nur angesehen und die Nase gerümpft. Der Mann hat sich dann nur noch drei Mal in großen Abständen sehen lassen und sich nicht um mich gekümmert.

Ich war so traurig und allein. Wenn dann jemand zu mir in meine Box wollte, dann bin ich ausgerastet. Ich kannte die doch nicht. Und ich hatte Angst. Solche große Angst!!! Dann haben alle gesagt, dass sie nicht mehr zu mir rein gehen wollten. Dass ich böse und gefährlich sein soll. Das war zwar ungerecht, aber sollen sie doch ruhig Angst vor mir haben. Vielleicht tun sie mir dann nichts.

Eine Frau, alle haben sie Svenja gerufen, war aber ganz ruhig. Sie hat mit dem Mann telefoniert und besprochen, dass ich mit ihrem Wallach auf die Weide soll. Ich hab mir so sehr gewünscht, dass der ein Freund für mich wird und mir ganz viel Mühe gegeben, mich beim Rausbringen artig zu verhalten. Hat dann auch geklappt. Nabuco war ein toller Kumpel. Wir standen immer ganz dicht zusammen und wollten uns nicht trennen. Endlich ein Freund für mich. Für mich ganz alleine. Das war so schön! Schien aber auch nicht richtig zu sein. Jetzt sagten alle, wir würden zu Klebern. Keine Ahnung, was das schon wieder ist. Ich hoffte, wir würden nicht wieder getrennt!

Ja, und dann kam immer öfter eine andere Frau an meine Box. Die hat auch schon viele weiße Haare im Fell und geht nicht immer ganz klar. Wahrscheinlich ist die auch schon alt. Aber sie hat mich immer ganz lieb angesehen und gefragt: „Na, du kleine wilde Hilde, wie geht es dir heute?“ Sogar Leckerlis hat sie mir gegeben. Leckerlis!!! Die bekamen sonst nur die anderen Pferde. Einmal hat sie dann meine Boxentür aufgemacht. Damit hatte ich nicht gerechnet und hab dann erst mal nach ihr geschnappt und getreten. Das tat mir zwar sofort leid, aber ich hatte Angst! Ich glaube, das hat sie verstanden. Sie hat gar nicht mit mir geschimpft und geschlagen hat sie mich auch nicht. Das fand ich riesig nett. Aber sie ist einfach weggegangen. Das hat mich traurig gemacht. Ich wusste gar nicht, ob sie noch mal nach mir sieht. Die anderen Menschen hier rufen „Conny“ wenn sie kommen soll.

An einem Tag konnten Nabuco und ich nicht auf unsere Weide. Da hat Svenja ihn geritten und ich durfte vom Paddock aus zusehen. Ich fand das interessant, denn er hatte einen ganz anderen Sattel auf dem Rücken als die, die ich kenne. Er sollte auch andere Sachen machen. Wenn nur das Gras von der Wiese nicht so gut gerochen hätte. Aber dann kam Conny vorbei. Und die war gar nicht böse auf mich. Sie tat etwas, was noch nie einer für mich gemacht hat! Sie hat auf dem Reitplatz Gras für mich abgepflückt und mir dann immer angereicht. „Na, wildes Hildchen,“ hat sie gesagt, „wir zwei verstehen uns“. Hmmm, wie das Gras geschmeckt hat. Ganz lange hat sie Gras für mich gepflückt. Leider habe ich mich dann, als sie mich wieder streicheln wollte, wieder erschreckt und die Ohren angelegt. Da ist sie wieder weggegangen. Ohne ein Wort zu sagen. Ich habe ihr lange traurig hinterher gesehen und ganz lange überlegt.

Am nächsten Tag hat sie mich dann mit meinem Freund zusammen zur Weide gebracht. Mit Möhrchen!!! Möhrchen!!! Könnt ihr euch das vorstellen? Sie hat mir Möhrchen gegeben. Und sie hat mir gesagt, dass sie mich jetzt jeden Morgen hinaus bringt. Das fand ich so schön. Als auf dem Weg zur Weide dann ein großes Fahrzeug auf dem Parkplatz stand, das ich noch nie gesehen habe, da hab ich mich ganz doll an die Conny geschmiegt. Und sie hat mich getröstet. Aber auf den Mann hat sie richtig geschimpft. Weil er mich allein lässt und meine Hufe so lang waren, dass ich gar nicht mehr richtig gehen konnte. Das tat auch richtig weh. Dabei wollte ich so gut mit ihr gehen, denn ich mag sie schon sehr.

In der Woche darauf war der Hufschmied auf unserem Hof. Der Mann, dem ich gehöre, hat sich wieder nicht gekümmert. Da ist die Conny aber so was von böse geworden! Huch! Und dann hat sie mir den Hufschmied ausgegeben. Und sie hat mich nicht angebunden, sondern ist mit mir stehen geblieben und hat mich beruhigt und getröstet, als es an einem Bein ziemlich weh tat.

Danach konnte ich jeden Tag besser laufen und galoppierte des morgens sogar etwas über meine Weide. Das Leben kann doch schön sein!

Wenn sie morgens in den Stall kam, begrüßte ich sie bald mit lautem Wiehern und hüpfte vor lauter Freude auf die Weide in meiner Box herum. Die Conny freute sich dann und sagte, wie schön das ist, dass ich wieder auflebe. Sie nannte mich immer noch „Hildchen“. Aber das war ok! Wenn sie das sagte, dann hörte es sich immer wie eine Belohnung an. Deshalb kam ich auch immer im Trab an das Weidegatter, wenn ich sie sah.

Und dann erzählte sie mir ganz tolle Sachen. Dass ich zum Beispiel gar keine Angst mehr zu haben brauche! Und dass ich ein wundervolles Geschöpf bin. Wow! Das hat mir noch keiner gesagt! Und dass ich irgendwann auf einer Weide sein werde, die noch viel schöner ist, als die Weide auf der ich jetzt mit meinem Kumpel bin. Dass ich da nie wieder Hunger haben muss, nie wieder frierend im Regen stehen muss, gar keine Schmerzen mehr habe und dass da jemand ist, der mich liebt und der mich geschaffen hat. Das hört sich soooo gut an! Davon sollte sie mir nur immer weiter erzählen.

Manchmal wunderte ich mich ja, dass sie so gar nichts von mir will. Ich hab sie mal gefragt, ob ich was tun muss. Da hat sie mir gesagt: „Es reicht, dass du ein Partner in der Anbetung Gottes bist!“.

Ich weiß zwar noch nicht so richtig, was sie damit gemeint hat, aber das werde ich schon noch lernen! Und bis dahin freue ich mich nur darüber, dass ich jetzt jemanden habe, der mich lieb hat und darüber, dass ich wieder Hoffnung habe.

Ich weiß ja, dass sie eigentlich zu dem schönen Wallach am Ende vom Stall gehört, aber ich wollte nie wieder von ihr weg! Aber dann kam der Tag, an dem abends nur noch mein Freund Nabuco in die Box durfte und Futter bekam. Svenja regte das auf. Ich habe gehört, wie sie zu einer anderen Frau sagte, mein Besitzer hätte meine Boxenmiete noch nicht bezahlt und die Hofbesitzer wollten keine Pferde anderer Leute durchfüttern. Ich verstand das nicht. Was ist denn nur schon wieder Boxenmiete? Ich wusste nur, dass es mir kalt war und ich Hunger hatte. Die Nächte waren noch so nasskalt und meine Schmerzen wurden wieder schlimmer. Ich dachte nur: Lasst mich doch bitte rein!

Dann kam Conny. Sie sah so traurig aus. Und sie hatte ganz viel Wasser im Gesicht, obwohl es doch noch gar nicht zu regnen angefangen hatte. Aber sie war da. Das war schön!! Ich hab ihr alles erzählt. Sie ist dann nach Hause gefahren und hat aufgeweichte Heucobs und warme Kräutermash für mich geholt. Oh Mann, war das ein Festessen! Danach ging es mir schon etwas besser. Sie hat Svenja gebeten, Nabuco wieder zu mir zu stellen, damit ich nicht so allein sei. Aber irgendwie wusste ich an dem Abend gar nicht, ob ich schnell zu Nabuco laufen sollte. Ich wollte viel lieber bei Conny bleiben. Sie hat mir ihre Hand auf den Schopf gelegt und gesagt: „Der Herr segne und behüte dich! Leider kann ich jetzt nicht mehr für dich tun. Aber wir werden uns wiedersehen, das verspreche ich dir, denn im Himmel ist alles verbunden, was auch auf der Erde verbunden ist. Und wir sind verbunden! Und dann ist alles gut.“

Himmel? Ja, das wusste ich ja jetzt, da bin ich irgendwann. Das ist da, wo ich keine Schmerzen mehr habe, nicht friere und nicht Hunger habe. Und wenn die Conny dann auch da ist – Klasse!! Am nächsten Tag kam der Mann, der mich auf dem Hof abgegeben hat. Ich habe ihn kaum noch erkannt. Er hat mich abgeholt und auf einen anderen Hof gebracht. Nabuco, Svenja und Conny sind nicht hier. Ich konnte mich noch nicht mal verabschieden. Ob die wissen, wo ich jetzt bin? Ob die mich mal besuchen? Ich bin sooo traurig und möchte so gern wieder zurück.

Aber Conny hat ja gesagt, dass ich auf diese Wiese im Himmel komme und dass wir uns da sehen. Das ist mein Trost und darauf freue ich mich schon. Conny hat immer gesagt, sie betet für mich. Könnt ihr das nicht auch machen?

So, jetzt wisst ihr das alles!

Ganz lieber Gruß,

eure Sunny, die jetzt Hildchen heißt

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