Die Schweizer Tennisspielerin Simona Waltert, gerade mal 20 Jahre alt, hat es bei den „AK Ladies Open“ im Februar bis ins Finale geschafft. Für den Turniersieg hat es aber nicht gereicht. Tagelang hat sie alles gegeben – aber für den ersten Platz war es nicht genug. Nach dem Finale fühlt sie sich zwar müde, aber trotzdem sehr gut, wie sie erzählt. Glücklich nach einer Niederlage? Wir sprechen darüber, wie es sich anfühlt, Zweite zu sein. Ein fröhliches Interview zwischen Freude und Enttäuschung, Schweiß und Rückhand, Lockdown und Tennisplatz.

Mit welchem Gefühl bist du in das Turnier gestartet?
„Man kommt ins Turnier und möchte einfach gut spielen, für mich zählt jedes Match. Ich bin sehr froh, dass ich erstmal die Quali geschafft habe. Und dann habe ich Match für Match gespielt und habe immer geguckt, wie es läuft – und plötzlich steht man im Finale.“

Eine kleine Besonderheit: Simona war nicht von Anfang an im Feld dabei, sie musste sich in Vorrundenspielen für einen Platz im Turnier qualifizieren. Trotz dieses Risikos ist sie mutig angereist – was sich rückblickend wirklich gelohnt hat. Bei ihrer Finalgegnerin, Clara Tauson, 18 und aus Dänemark, war von Beginn an klar, dass sie einen Platz im Turnier hat: Sie qualifizierte sich im Voraus über ihren bei allen Anmeldungen für die AK Ladies Open höchsten WTA-Punktestand und stieg so als Favoritin ins Turnier ein.

Wie hast du die Stimmung beim ganzen Turnier wahrgenommen? Wettkämpfe allgemein sind ja gerade eher selten…
„Die Stimmung war top. Es ist natürlich speziell im Moment mit all dem ´Corona-Zeug´, aber die Organisation war von A bis Z super, wie es halt laufen muss. Es hat alles gut geklappt, ich habe mich wohlgefühlt. Wenn man an einem Turnier teilnimmt, ist es generell ganz wichtig, dass man sich wohlfühlt. Auch mit den anderen Spielerinnen war die Stimmung super, es waren ja viele andere Schweizerinnen da. Das war sehr cool, man kennt sich dann auch.“

Das Feld dieses Jahr war tatsächlich stark dominiert von den Schweizerinnen: Im Einzel zeigten neben Simona auch Victorija Golubic, Leonie Kung und Susan Bandecchi starke Leistungen. Aber auch im Doppel waren die Schweizer Mädels gut aufgestellt: Bis ins Finale schafften es Ylena In-Albon und Victorija Golubic.

Wie hast du das Finale erlebt und wahrgenommen, mit welcher Motivation bist du in das finale Match gestartet?
„Ich habe mich total gefreut, in einem Finale zu stehen; im zweiten dieses Jahr schon. Heute wusste ich, es wird ein tolles Match geben. Ich habe einfach versucht, mein Spiel zu spielen und am Ende war sie dann ein Ticken besser als ich heute, das muss man dann auch akzeptieren. Ich bin froh, wie es gelaufen ist.“

Schon im Januar stand Simona in einem Finale. Das Endspiel des ITF W15 Turniers in Monacor, Spanien, konnte sie für sich entscheiden. Aber es ist vielmehr als dieser Sieg ein paar Wochen zuvor, der ihr hilft, im Finale in Altenkirchen als Verliererin vom Platz zu gehen.

Also sehr positiv, trotz Niederlage?
„Aus so einer Woche muss man positiv rausgehen, es gibt viele gute Sachen, es war ja eine gute Woche. Ich glaube man wäre dumm, wenn man da nicht positiv rausgehen würde. Man ist enttäuscht, dass man verliert, das ist klar. Aber in dem Moment überwiegen die positiven Sachen. Es wäre wirklich nicht sehr intelligent, wenn man das nicht so sehen würde. Und die Niederlage wird dann schnell verarbeitet, schneller als manch andere Niederlagen. Vor allem vor dem Hintergrund einer so überraschend erfolgreichen Woche.“

Also eine Frage der Perspektive: Anscheinend kommt es darauf an, auf die positiven Aspekte des Turniers zu schauen und sich auf die Wochenhighlights zu konzentrieren. Auch, wenn die Turnierwoche mit einer Niederlage endet.

Was waren deine Wochenhighlights?
„Viele. [lacht] In der Qualifikationsrunde gegen Tamara Markovic, sie ist auch eine gute Spielerin; dass ich da gewinnen konnte, war schon gut. Die nächste Runde war auch ein Highlight, aber kein Match war einfach. Dass ich gestern gegen Viki (Victorija Golubic) gewonnen habe, war auch etwas Besonderes. Sie ist auch Schweizerin, man kennt sich, eigentlich ist sie besser als ich. Und am Ende im Finale eines 25er Turniers zu stehen, ist natürlich top – dieses Jahr noch extremer besetzt als normalerweise. Ich finde das schon viele positive Sachen.“

Im Moment gibt es generell viel weniger Turniere, auf denen die Spielerinnen ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Das hat dazu geführt, dass sich einige bessere Athletinnen für die AK Ladies Open angemeldet haben – weil es eins der wenigen Turniere war, das unter besonderen Auflagen stattgefunden hat. Deswegen war das Feld des diesjährigen Turniers auf einem deutlich stärkeren Niveau als in den Jahren zuvor.

Wir wollen den zweiten Platz bei einem internationalen Topturnier nicht runterreden; wie fühlt es sich an, den eigenen Namen nach einer langen Turnierwoche so weit oben zu sehen?

„Ein Finale zu spielen, ist immer cool, dafür arbeitet man ja eigentlich. Diese Woche war es total cool, aus der Quali zu kommen und bei so einem starken Feld am Ende immer noch im Finale zu stehen. Es sind 32 im Feld und schlussendlich gewinnt genau eine, das ist schon immer krass. Aber man versucht sich jeden Tag zu verbessern… Es gibt so viel zu verbessern und das ist auch gut so, ist toll und macht Spaß.“

Was würdest du uns „Nicht-Leistungssportlern“ als Motivation mit auf den Weg geben, mit Begeisterung alles zu geben und dranzubleiben?
„Bei mir funktioniert das ziemlich gut, weil es mir einfach Spaß macht. Man weiß, wofür man trainiert und das spürt man dann auch auf dem Platz. Für ich ist das so: Wenn ich müde bin und mein Training trotzdem mache, geht’s mir danach einfach tausend Mal besser, weil man dann etwas macht und körperlich aktiv ist. Man fühlt sich danach einfach besser. Das ist dann meine Motivation, auch wenn man mal nicht so viel Lust hat: Einfach mal anfangen und dann geht’s los, dann geht’s auch direkt besser. Nicht vor sich hinschieben, sondern einfach mal anfangen und loslegen.“

Wie verlässt du den Wettkampf jetzt, wie geht es für dich weiter? Motiviert, im Training jetzt erst recht alles zu geben, oder ein bisschen ausgebremst?
„Als erstes definitiv mal Pause, weil: viel Tennis, viele Matches. Da wird man müde, körperlich wie auch im Kopf. Irgendwann mögen die Beine nicht mehr, da ist ein bisschen Pause erstmal gut. Dann geht’s Mitte nächster Woche weiter nach Spanien, da erwartet mich wieder sehr viel Tennis. [lacht] Darauf freue ich mich.“

Danke für das bereichernde Gespräch! Es ist überraschend, wie positiv Simona auf die letzten Turniertage zurückblickt und sich offensichtlich wirklich über jedes einzelne Match freut. Was nehme ich mit? Dass es sich lohnt, sportliche Risiken einzugehen. Dass es darum geht, einfach mal anzufangen, die 100 Prozent zu geben. Und dass es vor allem nach Niederlagen wichtig ist, sich positive Highlights zu suchen.

Das Interview führte Isabel Daude, SRSpraktikantin.

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