Erstreiten und nicht verlieren

Die Olympischen Winterspiele sind vorbei. Viel wunderschönes Gold wurde erstritten, Olympiamärchen wurden wahr. Einfach nur bewegend, wenn sie sich ereignen. Aber es gibt auch eine andere Form des Erstreitens – und diese „Spiele“ gehen weiter.

Da ergibt ein Wort das andere, keiner gibt nach und plötzlich ist man mitten im schönsten Streit. „Wie du mir, so ich dir.“ Dabei kann es nur Sieger und Verlierer geben. Eigentlich zwei Verlierer: „Wer mit dem Kaminfeger ringt, wird schwarz, ob er gewinnt oder verliert“. Manche sind im Erreichen ihres vermeintlichen „Rechtes“ und „Sieges“ schon unschlagbar. Aber um welchen Preis!

„Ein Diener des Herrn aber soll nicht streitsüchtig sein, sondern freundlich gegen jedermann, ein tüchtiger Lehrer, fähig, Böses mit Geduld zu ertragen…“ 2. Timotheus 2, 24

Mit einem einzigen Satz wehrt sich Paulus gegen solche Verhaltensweisen. Ein „Diener des Herrn“ ist nicht nur zu etwas ganz anderem berufen, er hat auch ganz andere Möglichkeiten. Wer sich bekehrt hat, ist „Leibeigener“ Jesu geworden und Knecht, wie das Wort auch übersetzt werden kann. Es gibt keinen Christen, der sein Christsein aus einer anderen Position heraus leben könnte. So gilt dieses Wort jedem, und jeder Christ soll es auch gegen jedermann in die Tat umsetzen.

Doch auch wer „freundlich gegen jedermann“ ist, kommt in Lebenslagen, wo er etwas erstreiten muss. Das trifft besonders da zu, wo jemand Verantwortung übernommen hat. Hier geht es um die Sache und nicht um das Rechthaben. Auch geht es nicht darum, Konflikte zu unterdrücken, sondern um die Sucht zu streiten und seine „Richtigkeiten“ mit allen Mitteln zu verteidigen. Wie willst du lehren und zu deiner Lehre stehen, wenn du deiner Streitsucht freien Lauf lässt? Paulus ist der Überzeugung, dass wir dieses gar nicht mehr nötig haben, im Gegenteil sogar fähig werden, Böses zu ertragen.

Wer über die Sache hinaus streitet, kann nicht ertragen. Er kann es nicht aushalten, dass andere Recht haben könnten. Wer Streit sucht, stellt sein eigenes Ich in den Mittelpunkt, um das sich alles andere zu drehen hat. Hier werden seelische und körperliche Kräfte verschlissen. Wo aber die Bereitschaft vorliegt, etwas zu ertragen, findet sich auch viel schneller eine Lösung, aus dieser Lage für sich und andere das Beste zu machen. Auch ein Diener ist nicht willenlos den Machenschaften anderer ausgeliefert – jedoch ganz seinem Herrn. Mit dem Schreiber dieses Bibelverses konnte auch nicht jeder machen, was er wollte!

Jesus steht für die ein, die ihre Streitsucht mit ans Kreuz gegeben haben. Denn diese ist Bestandteil des „alten Menschen“ – und um den ist es doch eigentlich nicht schade! Andernfalls könnte es passieren: „Ein zänkischer Hund kommt hinkend heim.“ Das muss nicht mehr sein.

Helmfried Riecker

Print Friendly, PDF & Email