Ja!!!

Bei dieser Antwort geraten wir wohl erst einmal ins Stocken. Aufbruch – aufbrechen – nee, nee, da muss man schon was tun. Da muss man, wie man heute so schön sagt, schon „den Popo hochkriegen“ und „in die Gänge kommen“.

Zugegeben, meistens ist es so. Aber manchmal wird uns so ein Aufbruch ganz einfach geschenkt. Von dem, dem wir vertrauen dürfen. Von dem, dem wir folgen dürfen.

Ist ja schon komisch. Als Pferdemenschen lernen wir doch gleich am Anfang unserer Reiter-, Fahrer-, Longierer-, Voltigierer-, mit-den-Pferden-Wanderer-Laufbahn: Wenn unsere Pferde uns vertrauen, wenn sie an den Hilfen gehen – was sie gefälligst zu machen haben – dann machen die nicht einfach was von alleine! Punkt. Und wehe, wenn!

Und wir Christen? Wir geben da doch echt oft ein ganz schlechtes Bild ab. Ich kenne viele Menschen, die eigentlich schon glauben würden – aber dann doch nicht wollen, weil sie Angst haben vor dem, was sie dann alles machen müssen: Ehrlich sein, beten, in die Kirche gehen, total altmodische Kirchenlieder singen, ständig anderen Menschen helfen. Und dann auch noch „gehorchen“. „Nä, das kann man doch heute von keinem mehr erwarten. Nicht mit mir!“

Junge Christen, also die, die gerade erst „dabei“ sind, haben oft auch noch dieses fast erschreckende Bild von dem, was sie jetzt alles nicht mehr tun dürfen und das ebenso erschreckende Bild von dem, was sie jetzt bitte schön alles zu tun haben! Oha! So kommt kein Aufbruch zustande.

Die erste Gruppe tut mir ganz furchtbar leid. Die zweite tut mir auch leid, aber die werden es schon lernen – dieses befreiende, beglückende Gefühl, das man bekommt, wenn man Gott einfach mal voll vertraut und machen lässt. Das ist ein Aufbruch, der lohnt. Hey Leute, er ist so genial darin, sich um uns zu kümmern! Wir müssen ihm keine Vorschläge machen, er braucht auch unsere Hilfe nicht – so oft reicht es, sich einfach mal entspannt zurück zu lehnen und zu schauen, was oder wie der Papa es richtet. Ich könnte jetzt auch ganz schlau sagen: Gib es doch einfach an Gott ab. Versteht aber nicht jeder so auf Anhieb. Kann ich verstehen! Voll und ganz! Das will gelernt sein.

Ich erinnere mich da immer wieder an die Schwester meiner lieben, leider im letzten Jahr verstorbenen Freundin. Wir waren noch ganz kleine Kinder und das Mädchen war hingefallen. Die neue „Sonntagsstrumpfhose“ hatte am Knie ein großes Loch. Sie wusste, dass sie dieses Loch nicht wieder „weg machen“ konnte und versuchte es auch gar nicht erst. Aber sie wusste auch, dass es von ihrer Mutter Schläge geben würde. Da fiel ihr meine Mutter ein. DIE hat nie geschimpft, nie geschlagen und konnte alles „heil machen“. Also rannte die Kleine ohne Rücksicht auf einen erneuten Sturz und ein weiteres Loch so schnell sie konnte zu meiner Mutter. Mit einem Gesichtchen, das vor Schweiß, Staub, Tränen und laufender Nase nur so klebte, blickte sie hoffnungsvoll zu meiner Mutter auf, zeigte auf ihr Knie und sagte: „Hinfallt. Is geputt!“. Meine Mutter hob sie hoch, setzte sie auf den Küchentisch und zog ihr erst mal die Hose aus, sah nach ihrem Knie und fing schnell an kunstvoll das Loch zu stopfen. Fasziniert sah das Kind dabei zu. Als die Arbeit beendet war schrie sie voller Anerkennung und Freude über die nun ausbleibenden Schläge „Oh, isse weg!“ Und dann konnte die Kleine nicht anders, als meiner Mutter um den Hals zu fallen und sie in dankbarer Freude und ihrem immer noch feuchten und schnoddrig-klebrigen Gesichtchen abzuküssen. Immer und immer wieder. Dann ging sie wieder nach Hause. In ihre alten Lebensumstände. Aber mit einem ganz anderen Gefühl. Für sie hatte sich alles geändert. Ja, auch das war ein Aufbruch!

Möchten wir das auch bei Gott so machen, wenn er uns böse Menschen aus dem Weg oder auch eben aus dem Stall räumt, wenn er uns (wie bei mir im letzten Jahr) Türen zu sportlichem Weiterkommen öffnet, wenn er Feinde zum Schweigen bringt, wenn er immer wieder aus Schuld (auch unseren Pferden gegenüber) und Notlagen befreit? Und das alles ohne unser Zutun. Ein Aufbruch zu mehr Dankbarkeit?

Ja, ja das möchte ich! Ihm glücklich und dankbar um den Hals fallen und ihn abküssen. Auch dann, wenn noch so viel Schmutz und Tränen an mir haften. Weil ich dann an meinem Platz aufbrechen kann. Befreit von einem Problem, von Schuld, von Angst, von ……. aufbrechend in eine bessere Zukunft.

~ Cornelia Bagheri

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