„Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.“

Psalm 98,1

Sicher einer der bekanntesten Auszüge aus den Psalmen. Als Sohn Nils und ich als sein Betreuer das am Sonntagmorgen vor dem Wettbewerb gelesen hatten, dachte ich so im Stillen, das könnte doch auch mal heute passieren. Geht es nicht jedem Sportler, der im Glauben an Jesus steht, ebenso? Gott kann doch, warum denn nicht heute? Es waren nur kurze Momente, als mir dies durch den Kopf ging.

Wie gesagt, ich dachte es lediglich, wollte auch „keinen Druck“ auf Nils ausüben. Habe ich es doch in den 19 „Betreuerjahren“ gelernt, nicht mehr alles zu sagen, was in mir so über den bevorstehenden Wettkampf innerlich abging. Was wir wie immer taten: Wir beteten vor dem Start darum, dass Jesus führen möchte, auch um Bewahrung in den oft sehr schweren und nicht gerade ungefährlichen Sektionen, um sein Ergebnis. Und dass doch auch die Sportpredigt zum Muttertag gelingen möchte. Auch ist es eine gute Gewohnheit, vor jeder der drei Runden diese nochmal in Gottes Hand zu legen.

Muttertag
Nun, der kleine Gottesdienst über Lautsprecher war über den ganzen Platz zu hören. Es war auch nicht „schwierig“, ging es doch darum, wie Gott die Mütter sieht und wie viel von ihnen für Söhne und Töchter im kommenden Wettkampf abhängt. Es machte mir richtig Freude, die Fahrer aufzufordern, doch mal eine Runde für ihre Mutter zu fahren, der sie so viel zu verdanken haben.

Aber wie ist es mit den Wundern? Die erste Runde mit ihren 6 Sektionen litt noch unter dem vorausgegangen Regen. Doch der Gottesdienst fand bei Sonne statt – nicht auch ein „kleines“ Wunder? Bei Regen hätte das ganz anders ausgesehen.

Nils begann dann mit einer dämlichen Fünf. Der Punktrichter sah das Vorderrad außerhalb des Pfeils. Nils akzeptierte, ließ es sich genau erklären. Aber alle weiteren Abschnitte: Volle Strafpunktzahl. Also 30. Erste Gedankenspiele: „Wird wohl heute nichts, na ja, ein Streichergebnis gibt es bei der Süddeutschen. Wird wohl nötig werden, diesen Lauf zu vergessen.“ Ich dachte, sagte aber nichts. Wir beteten vor der zweiten Runde, dann aber in dem Wissen, dass auch alle anderen Fahrer nicht besser als mit 28 Punkten aus der ersten Runde zurückgekommen waren. Nur der bisherige „Überflieger“ im deutschen Trialsport, Dominik Oswald, hatte nur 24 auf der Karte. Aufwind im Kopf: „Nils, es ist noch alles drin!“ Das wusste er aber bereits selbst.

Der Schalter
Dann war es, als würde bei Nils ein Schalter umgelegt. Nur einen Punkt an der Anfangssektion, einen weiteren an eine „barbarischen“ Holzbalkensektion, nur einen an der steilen Hangsektion. Obwohl ich normalerweise nichts sagen sollte, wie Nils zu fahren habe, musste ich jetzt etwas sagen, „Nils, könntest du nicht diesen (für ihn vorher unbezwingbaren) Aufstieg, von hinten anfahren, um dann…“ Er sah es auch so, so nur 3 Fehler statt 5. Am Ende der zweiten Runde 14 Strafpunkte. Alle anderen Fahrer hatten immer noch über 20. Nils führte. In meinem Kopf: Wenn er jetzt noch „abgesägt“ würde, ist diese 2. Runde nicht ein Wunder? Konnte über diese Leistungsexplosion nur den Kopf schütteln.

Vom Baumstumpf
Wir beteten vor der dritten Runde und dankten Gott für die zweite. Dann Regen, volle Kanne, nichts blieb trocken. „Herr, muss das denn jetzt so sein? Könntest du nicht…“ Und dann die steile Hangsektion. Hoch fuhr Nils traumhaft sicher in dieser Matsche. Aber runter? Er musste runter, weil unten das „E“ zu durchfahren war. Ich schrie: “Pass auf!“ Alles aalglatt, garniert mit Wurzeln, bei trockenem Wetter kein Problem, aber jetzt: Die Fuhre wurde immer schneller, kurz vor dem E-Schild ein Linksknick. Das Fahrrad schlug mit dem Hinterrad gegen einen Baumstumpf, der gab dem ganzen wieder Richtung, das E konnte regelkonform durchfahren werden. Ein rettender Fuß nur. Im Kopf bei mir: „Lieber Gott, ich danke dir, dass du diesen Baum hast wachsen lassen. Es ist zwar nicht mehr viel von ihm übrig, aber danke…“ Ohne diesen Stumpf wären Ross und Reiter durchs Absperrband geschossen.

Nils gewann mit weiteren nur 14 Punkten. „Herr Jesus, sehen so deine Wunder aus?“ Für mich war das keine Frage mehr. Es gibt sie noch – mit Sonne und sogar auch im Regen.

Helmfried Riecker

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